Apropos Eigeninitiative: Kürzlich berichtete ich hier, wie sie Unternehmern zu wirtschaftlichem Erfolg verhilft. Auch für die Stellensuche Arbeitnehmender spielt sie eine entscheidende Rolle. Wissenschaftler vom Institute on Behavior and Inequality (briq) zeigen nun, wie man mit kleinen Stupsern die Eigeninitiative Arbeitsuchender wachkitzeln kann.
Je länger ein Mensch ohne Arbeit ist, desto geringer sind seine Chancen, wieder eine Anstellung zu bekommen. Statistisch schrumpfen sie mit jedem Monat der Arbeitslosigkeit. Ein Schlüssel zu erfolgreicher Stellensuche liegt – so trivial das klingen mag – in den eigenen Aktivitäten des Suchenden. Offenbar sind vielen Arbeitssuchenden weder die zahlreichen Möglichkeiten bekannt, im Internet nach Stellenangeboten zu suchen. Noch nutzen sie ihr persönliches Netzwerk aus Freunden und Bekannten, um Arbeit zu finden.
Mithilfe einer kleinen, kurz und knapp formulierten Broschüre, versuchten Verhaltensökonomiker um Armin Falk vom briq nun, Betroffene zu informieren und zu proaktiver Arbeitssuche zu motivieren. In der Broschüre beschreiben sie wissenschaftliche Erkenntnisse zu negativen Auswirkungen der Langzeitarbeitslosigkeit und informieren über Wege, Stellenangebote zu finden und Arbeitgeber anzusprechen. Das Infoblatt soll den Stellensuchenden einen Anstoß geben, sich zu engagieren.
Falk und seine Kollegen untersuchten die Daten von insgesamt 54.000 Arbeitslosen, von denen ein Viertel die Information zugeschickt bekam. Insgesamt beobachteten sie einen “moderaten, positiven Einfluss auf den Arbeitsmarkterfolg,” berichtet Falks Koautor Simon Jäger. Gemessen haben die Forscher die Wirkung des Stupsers unter anderem an der Höhe der Lohnsumme, welche die Teilnehmer erzielten. Diese lag in der Gruppe derjenigen, die die Broschüre erhielten, deutlich über der Summe der Kontrollgruppe. Der Unterschied erklärt sich hauptsächlich dadurch, “dass mehr Arbeitsuchende in der Broschüren-Gruppe tatsächlich eine neue Beschäftigung gefunden hatten,“ erklärt Simon Jäger. Die Beschäftigungswahrscheinlichkeit von Teilnehmern, die besonders stark von Langzeitarbeitslosigkeit bedroht waren, stieg innerhalb eines Jahres um rund vier Prozent. Armin Falk ist zufrieden: „Angesichts der geringen Kosten der Broschüre von weniger als einem Euro pro Heft ein vielversprechendes Kosten-Nutzen-Verhältnis.“
Dass ein kleiner Stupser oder Anstoß viel bewirken kann, ist in der Verhaltenspsychologie schon länger bekannt. Der amerikanische Wirtschaftswissenschaftler Richard Thaler schrieb 2009 ein Buch über den “Nudge”, den Stupser, und wie man ihn einsetzen kann, um Entscheidungen zu verbessern. In diesem Jahr bekam er für seine Forschung in der Verhaltensökonomik den Nobelpreis für Wirtschaftswissenschaften.
Link zur Vorabfassung des in Kürze erscheinenen Fachartikels: http://ftp.iza.org/dp9040.pdf