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Resistente Bakterien sind ein wachsendes Problem in der Bekämpfung von Infektionskrankheiten. Umsichtiges Handeln der Gesellschaft und politische Entscheidungen sind gefragt, um die Situation zu entschärfen. Die Wissenschaft erarbeitet neue Strategien in der Wirkstoffforschung und -entwicklung

 

Lange Zeit sah es so aus, als wären Infektionskrankheiten keine ernsthafte Bedrohung mehr. Dank Antibiotika und Impfungen wähnten sich große Teile der Menschheit sicher vor vielen Bakterien und Viren. Doch mit der Mobilität der Menschen hat auch die der Erreger zugenommen, in rasender Geschwindigkeit können sich Krankheitsausbrüche rund um den Globus verbreiten. Die Bevölkerung in hochentwickelten Ländern wird älter und damit anfälliger für Infektionen. Und Umweltveränderungen durch den Klimawandel schaffen neue Lebensräume für Krankheitsüberträger und unvorhergesehenen Verbreitungswege für Mikroben.
Nicht zuletzt der sorglose Umgang mit Antibiotika hat dazu beigetragen, diese Wunderwaffe der Medizin im Kampf gegen Infektionen zu entschärfen. Die Gefahr durch resistente Keime, vor der schon der Entdecker des Penicillin Alexander Flemming warnte, steigt. In Europa sterben pro Jahr über 30 000 Menschen an einer Infektion mit multiresistenten Bakterien.

 

Antibiotikaentwicklung: “Die Pipeline ist eine Kapillare” (Rolf Müller, HIPS)

Demgegenüber steht eine Flaute bei der Zulassung neuer Präparate. In den vergangenen Jahrzehnten wurden nur wenige neue Präparate zugelassen, viele davon waren lediglich Weiterentwicklungen bereits verwendeter Stoffklassen. Die Kosten für die Entwicklung sind enorm und die regulatorischen Anforderungen an die klinischen Studien äußerst streng. Da neue Antibiotika aber als Reserve vorgehalten werden und Ärzte sie so selten wie möglich einsetzen sollen, können Unternehmen ihre Kosten für die Entwicklung kaum decken. Immer mehr Pharmakonzerne haben deshalb die Forschung nach neuen antimikrobiellen Wirkstoffen aufgegeben, neue Zulassungen sind in den kommenden Jahren kaum zu erwarten. “Die Pipeline gleicht eher einer Kapillare”, beschreibt Rolf Müller diesen Zustand. Er ist Direktor am Helmholtz-Institut für Pharmazeutische Forschung Saarland (HIPS), einem Standort des Braunschweiger Helmholtz-Zentrums für Infektionsbiologie (HZI). “Wenn Institutionen wie unsere keine Antibiotika entwickeln, haben wir in zehn Jahren nichts mehr gegen die Erreger in der Hand.”
 

Wissenschaftler verschiedener Disziplinen stellen sich am HZI gemeinsam der Herausforderung, bakteriellen Infektionen auch in Zukunft wirksame Mittel entgegenzusetzen. Anlässlich der World Antibiotic Awareness Week vom 12. bis 18. November lud das HZI Journalisten ein, sich vor Ort über die aktuelle Erforschung und Entwicklung von Antibiotika zu informieren.

 

Der erste Schritt zur Entschärfung der Situation ist der verantwortungsvolle Umgang mit vorhandenen Antibiotika. Er erfordert die gezielte Behandlung bakterieller Infektionen. Noch immer ist es gängige Praxis, bei Symptomen beispielsweise einer Mittelohr- oder Harnblasenentzündung zuerst ein Antibiotikum mit breitem Wirkspektrum zu verschreiben. Erst wenn es nicht wirkt, veranlassen Ärzte die Bestimmung des Erregers, der die Infektion verursacht. Diese Bestimmung kann mehrere Tage in Anspruch nehmen. Bis das Ergebnis vorliegt, hat das verabreichte Medikament unter Umständen schon einigen Schaden angerichtet: Da Antibiotika auf alle Bakterien wirken, schaden sie auch unserem Mikrobiom. Zudem fördert die Gabe eines herkömmlichen Antibiotikums die Ausbildung und Verbreitung resistenter Keime.
 

Das Mikrobiom ist die Gesamtheit der Mikroben, die unser Leben lang friedlich und oft nutzbringend unseren Körper besiedeln. Es gibt zahlreiche Hinweise darauf, dass Veränderungen und Schäden am Mikrobiom unsere Gesundheit beeinträchtigen. Ein Antibiotikum schwächt die gesunde Mikroflora, die uns hilft, Krankheitserreger in Schach zu halten. Und es tötet die Erreger, die empfindlich für das Mittel sind. Resistenten Keime entstehen zufällig und sind zunächst in der Minderheit. Ohne die Nährstoffkonkurrenz mit ihren Artgenossen und ohne die Kontrolle durch das Mikrobiom haben sie nun einen deutlichen Überlebensvorteil. Man spricht vom Selektionsdruck, den das Medikament auf die Bakterienpopulation ausübt. Ironischerweise begünstigen Antibiotika also die Verbreitung resistenter Keime.

 

Neue Ansätze: molekulare Diagnostik und Antivirulenzstrategie

Voraussetzung für die gezielte Behandlung ist ein Umdenken in der Diagnostik. “Wir müssen bei jeder Infektion den Erreger schnell und präzise identifizieren” fordert Susanne Häußler. Zu diesem Zweck entwickelt die Leiterin der Molekularen Mikrobiologie am HZI Strategien und Methoden für die molekular Diagnostik. Mit ihren Mitarbeitern untersucht sie das Erbgut von Krankheitserregern und analysiert, welche Gene gerade aktiv sind. “Nur so erhalten wir Informationen über die Resistenzmechanismen”, erklärt Häußler. Denn es reicht nicht, zu wissen, ob ein Erreger sich trotz Antibiotikum vermehren kann. “Wir müssen verstehen, wie er sich gegen das Antibiotikum schützt.” Darüber hinaus analysieren Häußler und ihre Kollegen die Verwandtschaft zwischen auftretenden Keimen. “Die phylogenetische Information hilft uns, zu verstehen, wie Resistenzen sich verbreiten”, erläutert die Medizinerin. “Wir können zum Beispiel erkennen, ob ein ganzes Krankenhaus schon von einem resistenten Keim befallen ist.”
Häußler hält den Einsatz molekularer Methoden in der Diagnostik für unerlässlich. Und sie ist zuversichtlich. Mit Blick auf die herkömmlichen Agarplatten, auf denen bisher die meisten Bakterien in langwierigen Verfahren auf Resistenzen getestet werden, hofft sie: “Die werden wir in fünf Jahren nicht mehr benutzen.”

 

Professorin Susanne Häußler mit Journalisten in ihrem Labor

Professorin Susanne Häußler entwickelt molekulare Diagnostikmethoden. Agarplatten zur Resistenzbestimmung sollen möglichst bald der Vergangenheit angehören.

 

Um Resistenzen gegen Antibiotika gar nicht erst aufkommen zu lassen, verfolgt Eva Medina, Leiterin der Infektionsimmunologie am HZI, eine neue Idee. Sie möchte Erreger entwaffnen, statt sie zu töten. Dafür identifiziert sie mit ihren Mitarbeitern sogenannte Virulenzfaktoren der Bakterien. Das können Proteine sein wie Rezeptoren oder Kanäle, oder auch Signalstoffe, die von den Erregern ausgeschüttet werden. Virulenzfaktoren haben wichtige Funktionen bei der Infektion des Wirtes. Sie erkennen zum Beispiel ein Antibiotikum und leiten eine “Schutzreaktion” ein. Oder sie helfen den Bakterien, das Immunsystem des Wirtes zu umgehen. Medinas Strategie ist es, Virulenzfaktoren zu inhibieren. “Wenn wir die Virulenz der Erreger hemmen”, so Medinas Überlegung, “kann das Immunsystem selber mit ihnen fertig werden.”
 

Professorin Eva Medina erklärt am Computer elektronenmikroskopische Aufnahmen von Bakterien in Mäusegewebe

Professorin Eva Medina und ihr Mitarbeiter Mathias Müsken zeigen elektronenmikroskopische Aufnahmen von Bakterien in ihrem Modellsystem zur Untersuchung von Virulenzfaktoren

 

Medinas Ansatz birgt verschiedenen Vorteile: “Wir üben weniger oder gar keinen Selektionsdruck auf den Erreger aus”, erläutert sie. Denn die Virulenzfaktoren sind nicht überlebenswichtig für die Bakterien. Da die Keime auch ohne funktionierenden Virulenzfaktor überleben, vermehren sich nicht selektiv diejenigen, die eventuell eine Resistenz gegen das Mittel entwickeln. Ein weiterer wichtiger Aspekt der Antivirulenz ist, dass das gesunde Mikrobiom nicht geschädigt wird. Medina sieht viel Potenzial für Antivirulenz-Medikamente. In der Praxis könnten sie Antibiotika ergänzen, die dafür kürzer und in geringeren Dosen eingesetzt werden könnten. Noch ist ihr Forschungsfeld allerdings jung und es gibt große Herausforderungen. Medina sucht mit Hochdruck nach neuen Virulenzfaktoren, die sich als Ziel für einen Inhibitor eignen. Dabei gefällt ihr die Zusammenarbeit mit den verschiedenen Forschern am HZI. “Wir identifizieren einen Virulenzfaktor, Mark Brönstrup findet einen Inhibitor, und unsere Strukturbiologen helfen uns, den Wirkmechanismus aufzuklären”, erzählt sie begeistert.
 

Mark Brönstrup in seinem Labor

Professor Mark Brönstrup koordiniert die Wirkstoffforschung am HZI und forscht an der Optimierung von Naturstoffen für den Einsatz als Medikamente

 
Naturstoffforschung: “Wir finden immer etwas” (Eva Medina, HZI)

Mark Brönstrup ist Leiter der Chemischen Biologie am HZI und Koordinator der Helmholtz Wirkstoffforschung. Wissenschaftler des HZI reisen auf der ganzen Welt in Regionen großer Artenvielfalt oder besondere ökologische Nischen, um neue Wirkstofflieferanten zu finden. Sie suchen in Kenia, Argentinien oder Thailand nach Pilzen und Bakterien, die sie dann im Labor kultivieren und auf antibakterielle Wirkstoffe analysieren können. Die Natur bietet ein schier unendliches Portfolio an Substanzen, deren Funktion sich über Milliarden von Jahren der Evolution entwickeln konnte. Brönstrup spricht daher von der “biologisch-evolutiven Voroptimierung” der HZI/HIPS-Sammlung, die neben 30 000 synthetischen Substanzen etwa 800 reine, voll charakterisierte Naturstoffe enthält.
 

Pilze wachsen in Kulturschalen

Wirkstofflieferanten aus der Natur: Pilzkulturen in der Sammlung des HZI

 

Wenn Eva Medina einen neuen Virulenzfaktor erkannt hat, durchsuchen Mark Brönstrup und seine Mitarbeiter dieses Portfolio nach einer Substanz, die den Faktor hemmt – sie “screenen” ihre Naturstoffbanken. Sie testen also tausende von Substanzen darauf, ob sie den Effekt der Bakterien auf Wirtszellen schwächen. Manchmal können sie aufgrund vorhandener Strukturinformationen über das „Target“ (z.B. den neu entdeckten Virulenzfaktor) zunächst virtuell screenen und die Auswahl etwas eingrenzen. Nichtsdestotrotz gleicht jeder Screen einer Suche nach der Nadel im Heuhaufen. “Dabei finden wir immer etwas”, sagt Eva Medina. Und dann geht die Arbeit richtig los: Gemeinsam versuchen die Forscher am HZI aufzuklären, wie die Substanz auf den Virulenzfaktor wirkt. Gleichzeitig prüfen sie den Wirkstoffkandidaten auf seine Verträglichkeit für menschliche Zellen. Und sie untersuchen physiko-chemische Eigenschaften wie die Löslichkeit und Stabilität, um herauszufinden, ob sich die Substanz als Medikament eignet. Für die meisten Substanzen aus der Natur entwickeln Brönstrup und seine Mitarbeiter chemische Optimierungen, um sie zum Beispiel stabiler, verträglicher oder wirksamer zu machen als in ihrer ursprünglichen Form.
 

Wissenschaftler im Labor erklären, wie screening technisch abläuft

Mark Brönstrup und seine Mitarbeiterin Susanne Daenicke erklären, wie das Screenen großer Substanzbanken abläuft

Haben die Forscher eine geeignete Substanz identifiziert, müssen sie die Pilz- oder Bakterienkultur so hochskalieren, dass sie ausreichende Mengen des Kandidaten für präklinische Studien produzieren. “Dieses Upscaling ist äußerst umständlich und aufwändig”, erklärt Stephan Hüttel, Leiter der Fermentation am HZI. Und nicht immer gelingt es, ausreichende Mengen der Wunschsubstanz aus den kultivierten Pilzen oder Bakterien zu gewinnen. “Wenn wir eine vielversprechende Substanz haben und denken, dass die Produktion schwierig wird, tauschen wir uns schon frühzeitig mit den klinischen Chemikern und den Mikrobiologen über mögliche Alternativen der Synthese aus”, erklärt Hüttel.
 

Stephan Hüttel hält ein Fermentationsgefäß aus Glas

Dr. Stephan Hüttel leitet die Fermentation am HZI. Hier erklärt er die Herausforderungen der Bakterien- und Pilzkulturen.


 
Suche in silico
 
Rolf Müller und seine Mitarbeiter am Saarbrücker HIPS gehen zusätzlich einen anderen Weg des Screenens nach neuen antibiotischen Wirkstoffen. Sie suchen mit bioinformatischen Algorithmen in silico in den Erbgutsequenzen von Bodenbakterien nach bestimmten Mustern. “Myxobakterien sind bekannte, aber viel zu wenig genutzte Produzenten von Sekundärmetaboliten”, erklärt Müller. Und bei Bakterien finden sich die Gene eines Syntheseweges, also die Bauanleitungen für alle Komponenten, die der Einzeller für die Herstellung eines Stoffes benötigt, oft in einem Cluster im Erbgut. Diese biosynthetischen Gencluster können Müller und seine Mitarbeiter aufspüren und auf Besonderheiten im Syntheseweg untersuchen. So finden sie Hinweise auf die Fähigkeit der Mikroben, bestimmte Substanzen zu synthetisieren, auch wenn sie diese in Kultur gar nicht produzieren. Die Suche in silico hat sich bewährt: “Auf diesem Weg haben wir schon neue Wirkstoffkandidaten in eigentlich bereits gut charakterisierten Stämmen gefunden.” Und wenn nötig können die Saarbrücker Wissenschaftler so ein ganzen Gencluster in ein anderes Bakterium verpflanzen, für das die Produktionsbedingungen bereits optimiert sind.
 

 

Designen statt suchen

Gar nicht screenen möchte Jörg Vogel. Er ist Gründer und Direktor des Helmholtz-Instituts für RNA-basierte Infektionsforschung (HIRI), dem Würzburger Standort des HZI. Ihn faszinierten die RNA-Antisense Methoden, die vor rund zwanzig Jahren aufkamen, um Genexpression gezielt zu manipulieren.
 

RNA steht für Ribonukleinsäure, eine chemische Verwandte der DNA. Die grundlegenden Mechanismen der Genexpression sind bei Menschen und Bakterien prinzipiell die gleichen: Wenn eine Zelle ein Protein herstellt, wird zuerst eine Kopie des Gens erstellt, welches die Bauinformation für das Protein enthält. Dieses sogenannte Transkript besteht aus RNA. Im Gegensatz zum stabilen Erbgut aus doppelsträngiger DNA liegen RNA-Moleküle normalerweise als Einzelstränge vor und sind relativ kurzlebig. Bindet ein kleines RNA-Molekül der passenden („antisense“) Sequenz an das Transkript, kann es nicht abgelesen und das Protein nicht hergestellt werden. Indem man also Zellen kleine Antisense-RNAs verabreicht, kann man die Expression eines Gens verhindern, ohne das Erbgut zu verändern. Der Effekt ist zudem vorübergehend.

 
“Das muss sich doch auch gegen Bakterien einsetzen lassen” dachte sich Vogel, der sich schon als Doktorand für die Rolle verschiedener RNAs interessierte. Ihn reizte der rationale Ansatz: einen Inhibitor anhand der bekannten Gensequenz spezifisch zu designen anstatt große Substanzbanken zu durchsuchen. Zudem fasziniert Vogel das Mikrobiom, die Vielfalt unter den Trillionen von Mikroben, mit denen wir unseren Körper teilen. Er wollte eine Methode entwickeln, mit der er einzelne Spezies im Mikrobiom abschalten und dann die Effekte untersuchen kann. So konzipierte er kurze RNAs, die zu je einem spezifischen Transkript einer einzigen Bakterienart passen. Damit die Bakterien die RNA-Moleküle aufnehmen, koppelt Vogel sie an Peptide, die zum Beispiel durch einen bestimmten Kanal in das Innere von Bakterien geschleust werden. “So bestimmen wir die Spezifität des Inhibitors auf zwei Ebenen”, erläutert Vogel. Durch die Kombination von einzigartiger RNA-Sequenz und einem klug gewählten Peptid kann er theoretisch sehr genau bestimmen, auf welche Zellen der Inhibitor wirken soll. Und das können natürlich auch Krankheitserreger sein. Die kleinen programmierbaren Peptid-Nukleinsäuren könnten zum Beispiel eingesetzt werden, um gezielt Virulenzfaktoren auszuschalten.

 

Entscheidend: Rahmenbedingungen

Die Pipelines der Wissenschaftler scheinen also noch lange nicht trocken zu fallen. Ideen für neue Therapieansätze gegen Bakterien gibt es reichlich, und die aufwändige Entwicklungsarbeit füllt die Agenda der Forscher auf Jahre. Ein Problem bleibt jedoch: All die Mühen führen in eine Sackgasse, wenn sich niemand findet, der die Kosten für die klinischen Studien trägt, die zur Zulassung eines Medikamentes erforderlich sind. Doch auch hier tun sich Perspektive auf. Die Europäische Union hat beispielsweise gemeinsam mit der europäischen pharmazeutischen Industrie die Innovative Medicines Initiative (IMI) gegründet. Sie fördert öffentliche Forschungseinrichtungen und kleine Unternehmen in der Entwicklung innovativer Medikamente. Ähnliche öffentlich-private Partnerschaften haben sich auch in anderen Ländern gebildet. Die Weltgesundheitsorganisation WHO hat antimikrobielle Resistenz als globale Bedrohung eingestuft. “Und durch eine Priorisierung der am dringendsten zu bekämpfenden Keime gibt sie Unternehmen eine Orientierung, welche Entwicklungen sich am ehesten noch rentieren könnten”, erklärt Mark Brönstrup den Nutzen der Eklärung für Pharmaunternehmen. Zudem gibt es Ansätze, die regulatorischen Hürden für die Zulassung eines Präparates zu senken, um den Markteintritt zu beschleunigen. Und verschiedene Modelle sind in der politischen Diskussion, ökonomische Anreize für entwickelnde Unternehmen zu schaffen. Neben Markteintrittsprämien und verlängerten Patentlaufzeiten für antimikrobielle Präparate wird auch das “Feuerlöschermodell” diskutiert: Es sieht vor, dass Ärzte und Kliniken verpflichtet werden, neue Antibiotika als Reserve für Notfälle vorzuhalten. Ähnlich wie Feuerlöschern würden Reserveantibiotika auf diese Weise selten eingesetzt, während der Absatz für die entwickelnden Unternehmen garantiert wäre. Eine dritte Möglichkeit sind sogenannte Fast-Track-Gutscheine. Sie sollen Firmen, die ein Antibiotikum auf den Markt bringen im Gegenzug die beschleunigte Zulassung eines anderen neuen Präparates ermöglichen. Solche Gutscheine brächten allerdings nur großen Konzernen Vorteile, die tatsächlich ein gewinnbringendes Blockbuster-Präparat in der Pipeline haben. Kleinere Unternehmen, die viel oder alles in die Entwicklung eines Antibiotikums investiert haben, könnten von dem Prinzip nicht profitieren. Welcher dieser Ansätze tatsächlich umgesetzt wird ist derzeit offen.

Klar ist eines: “Erreger werden noch auf dieser Erde leben, wenn die humane Spezies längst verschwunden ist”, so HIPS-Direktor Rolf Müller. Wie lange wir uns den Planeten noch mehr oder weniger friedlich mit den Mikroben teilen können, dafür stellen wir jetzt die Weichen.

 

Auszüge dieses Beitrages wurden in überarbeiteter Form auf helmholtz.de veröffentlicht.

Weitere Informationen:

Das Helmholtz-Zentrum für Infektionsforschung (HZI) wird zu 90 Prozent vom Bund getragen. Weitere Gesellschafter sind die Bundesländer Niedersachsen (neun Prozent) und Saarland (ein Prozent)

Informationen zum Presseworkshop am HZI, 12. November

Das HZI ist Mitglied von Deutschlands größter Wissenschaftsorganisation, der Helmholtz-Gemeinschaft.

Die Innovative Medicines Initiative (IMI) ist eine europäische öffentlich-private Partnerschaftsinitiative zur Förderung der Entwicklung neuer Medikamente und Strategien im Gesundheitssystem

Die Deutsche Antibiotika-Resistenzstrategie „DART 2020“ wurde im Mai 2015 vom Bundeskabinett verabschiedet.

Die WHO stuft Antimikrobielle Resistenzen als globale Bedrohung ein